Assoziation Schweizer Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten Association Suisse des Psychothérapeutes Associazione Svizzera degli Psicoterapeuti Associaziun Svizra dals Psicoterapeuts
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Medienmitteilung, 16. November 2018
Mit klingelnden Weckern haben heute Freitag in Bern Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten Bundesrat Berset aufgefordert, die Diskriminierung ihres Berufsstandes zu beenden. Sie überbrachten dem Gesundheitsminister 3658 Briefe ihrer Kolleginnen und Kollegen. Darin legen sie – belegt mit Ausbildungsnachweisen – ihre Qualifikation zur selbständigen Ausübung ihres Berufes dar. In der Realität der Grundversicherung werden sie jedoch weiterhin wie Hilfspersonal behandelt.
«Das heutige Delegationssystem ist unwürdig – es war als befristete Übergangslösung gedacht», sagte Yvik Adler, Co-Präsidentin der Föderation der Schweizer Psychologinnen und Psychologen (FSP), anlässlich der Aktion vor dem Departement des Innern. Das Gesetz, welches die Weiterbildung der Psychologinnen und Psychologen regelt, sei seit 2013 in Kraft. «Doch noch immer wird unsere Berufsgruppe nicht anerkannt. Die Grundversicherung bezahlt unsere Leistung nur, wenn sie unter ärztlicher Aufsicht erfolgt.»
Die drei Berufsverbände FSP, ASP und SBAP, welche hinter der Briefaktion stehen, fordern deshalb schon lange den Wechsel vom Delegations- zum Anordnungsmodell. «Faire Arbeitsbedingungen gewährleisten auch eine gute Behandlungsqualität», ergänzte Gabriela Rüttimann, Präsidentin der Assoziation Schweizer Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten (ASP). Die Berufsgruppe sei bereit, die psychotherapeutische Versorgung sicherzustellen, versicherte Christoph Adrian Schneider, Präsident des Schweizerischen Berufsverbandes für Angewandte Psychologie (SBAP): «Es darf nicht sein, dass immer mehr ausländische Ärztinnen und Ärzte die Nachwuchsprobleme bei den Psychiatern kompensieren, während im Inland genügend bestausgebildete Fachkräfte zur Verfügung stehen.»
Das heutige Delegationssystem belaste aber nicht nur die Leistungserbringer, so Stephan Wenger, Co-Präsident der FSP: «Das heutige System schafft grosse Hürden im Zugang zur Versorgung für psychisch Kranke. Dies führt zu langen Wartefristen, und das ist für den Krankheitsverlauf fatal.» Der Bundesrat soll diese Hürden abbauen, fordert Wenger: «Wir starten morgen eine Petition, damit das Warten und Leiden ein Ende nimmt.»
Psychologische Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten leiden in der Schweiz unter unwürdigen Arbeitsverhältnissen. Nach ihrem Masterstudium in Psychologie absolvieren sie eine mindestens fünfjährige, postgraduale Weiterbildung – um danach als Hilfskräfte in Arztpraxen angestellt zu werden. Denn: Die Grundversicherung bezahlt heute die Psychotherapie durch spezialisierte Psychologinnen und Psychologen nur, wenn die Therapie unter Aufsicht und in Verantwortung von spezialisierten Ärztinnen oder Ärzten in deren Räumlichkeiten durchgeführt wird. Eine akademische Gruppe wird damit technischem Hilfspersonal gleichgestellt, obwohl sie bezüglich ihrer psychotherapeutischen Qualifikationen und Leistungen ihren delegierenden medizinischen Fachpersonen ebenbürtig sind.
Das Psychologieberufegesetz gewährleistet seit 2013, dass nur fachlich qualifizierte Spezialistinnen und Spezialisten Psychotherapie anwenden dürfen. Eidgenössisch anerkannte Psychotherapeutinnen oder Psychotherapeuten sind von diesem Gesetz her ermächtigt, die Psychotherapie in eigener fachlicher Verantwortung auszuüben. Auf Seiten der Krankenversicherung ist dies jedoch bis heute nicht in Ansätzen vollzogen. Das heutige Modell der Delegation war als Übergangsregelung vorgesehen, bis die Weiterbildung der Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten geregelt ist. Dies ist seit über fünf Jahren der Fall.
Psychologische Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sind unverzichtbare Leistungserbringer in der Versorgung psychisch Kranker. Bereits heute führen sie zu Lasten der Grundversicherung rund 40 Prozent der Psychotherapien durch. Sie unterscheiden sich von ihren ärztlichen Standeskolleginnen und -kollegen einzig in ihrem Hochschulabschluss: Psychologie statt Medizin. Beide haben eine vergleichbare psychotherapeutische Weiterbildung absolviert, beide praktizieren die gleichen Methoden. Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sind sowohl fähig als auch willens, die psychotherapeutische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Der Anspruch an die gesetzlich geregelte Aus- und Weiterbildung ist riesig; in der Praxis wird dies jedoch nicht anerkannt.
Leistungen von psychologischen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten werden bereits heute von der Grundversicherung erstattet, sie erscheinen jedoch auf der Rechnung des delegierenden Arztes oder der delegierenden Ärztin. Diese Abrechnungsmethode ist intransparent und schafft unnötigen, administrativen Mehraufwand. Der Wechsel vom Delegations- zum Anordnungsmodell ist eine Deregulierungsmassnahme: Die Öffnung des Marktes schafft Kostentransparenz und -effizienz, die freie Wahlmöglichkeit durch Patientinnen und Patienten trägt zur Qualitätssicherung bei.
Unser Gesundheitssystem weist hohe Zugangshürden für psychisch erkrankte Personen auf, in bestimmten Bereichen existiert eine massive Fehl- und Unterversorgung. Dies zeigte eine Ende 2016 vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) veröffentlichte Studie. Die grösste Hürde bilden die Finanzierungsmodalitäten. Das Delegationsmodell wirkt wie ein Flaschenhals und führt zu langen Wartefristen. Dabei ist bekannt: Je früher eine Behandlung einsetzt, desto wirksamer ist sie. Diese Missstände müssen rasch korrigiert werden – nicht behandelte psychische Störungen führen zu chronischen Leiden, belasten das Sozialsystem und wirken sich negativ auf das Umfeld der Betroffenen aus.
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